Der Trend zur automatisierten Finanzberatung und Vermögensverwaltung kommt wie viele führenden technischen Trends aus den USA. Dort wurden 2010 die ersten Robo-Advisors, wenn man so will: "Anlage-Roboter", am Finanzmarkt eingesetzt. In Deutschland wird seit ca. drei bis vier Jahren durch Startups im Finanzbereich daran gearbeitet, den Vertrauensverlust in die traditionelle Finanzbranche und aufwendige manuelle Prozesse in der Vermögensbetreuung zu überwinden. Diese Unternehmen werden zu den Fintech gezählt, die sich mit Financial Technology beschäftigen. Ziel dieser jungen Firmen ist es, durch eine Senkung der Vertriebs- und Verwaltungskosten für den Kunden einen Mehrwert zu schaffen und damit künftig Geld zu verdienen. Auch die etablierten Banken erkennen in dieser Entwicklung eine Möglichkeit, ihre Beratungskosten zu senken und die Kosten-Nutzen-Relation zu verbessern.
Im Kern geht es um standardisierte Fragen, deren Beantwortung durch den Kunden zu einer normierten Geldanlage führt. Dabei wird der Vermögensberater oder Vermögensverwalter bzw. Teile seiner Arbeit durch den Computer ersetzt. Die Algorithmen beruhen auf wissenschaftlichen Erkenntnissen aus der Portfoliotheorie. Es gibt zwei Bereiche, in denen Robo Advisors zum Einsatz kommen: Online-Anlageberatung und Online-Vermögensverwaltung.
Die elektronische Anlageberatung versucht, durch fünf bis zehn gezielte Fragen, u. a. zu Alter, Anlagehorizont, Vermögenszusammensetzung und Renditeerwartung bzw. Inkaufnahme von Wertschwankungen, die Risikobereitschaft des Anlegers einzuschätzen. Dieser wird danach in drei bis fünf Risikoklassen eingruppiert und eine passende Anlagestrategie mit Indexfonds vorgeschlagen. Da die Anlageberatung jedoch sehr stark vereinfacht ist und die Risikotragfähigkeit des Anlegers nicht vollständig ermittelt wird, findet sich in den Risikohinweisen der Anbieter die Aussage, dass es sich um keine Anlageberatung im eigentlichen Sinn und keine Empfehlung zum Kauf oder Verkauf bestimmter Finanzinstrumente handelt.
Die Online-Vermögensverwaltung erfolgt ebenfalls mithilfe der passiven Fonds, die durch den Kauf von Wertpapieren bzw. Tauschgeschäfte einen Renten-, Aktien-, Rohstoff- oder Immobilienindex nachbilden. Das empfohlene Portfolio enthält unterschiedlich gewichtete Anteile, meist von Aktien- und Anleihe-ETFs. Bei einigen Anbietern wird die Zusammensetzung des Portfolios einmal im Jahr überprüft und der ursprünglichen Gewichtung wieder angepasst, andere prüfen dies bei jeder Einzahlung oder bei größeren Abweichungen von der erstmaligen Aufteilung. Durch die Anlage von ETFs nach einer einheitlichen Anlagestrategie werden gegenüber den herkömmlichen Verwaltungsportfolios Gebühren gespart, denn die pauschalen Servicegebühren der Online-Tools sind weitaus niedriger als die Gebühren eines Vermögensverwalters oder von Investmentfonds.
Vereinzelt findet man Anbieter, die selbst einen Indexfonds mit Aktien-, Anleihen- oder Rohstoff-ETFs konzipiert haben, der weltweit, möglichst breit über Standard-, Neben- und Spezialwerte streut. Zum gemischten ETF können sich Anleger über die Internetplattform informieren und diesen über klassische Anbieter erwerben. Auch Sparpläne mit Indexfonds sind über Robo Advisors möglich.
Neben den Kosten für die ETFs fallen Ordergebühren sowie Service- oder Verwaltungsgebühren der Robo-Advice-Plattformen an. Einige Robo Advisors berechnen ihren Nutzern eine Gewinnbeteiligung. Insgesamt kann die Kostenquote durchaus bis zu 1 Prozent reichen. Beratungstools werden meist kostenlos angeboten, setzen jedoch Anlageerfahrung und Interpretationsvermögen voraus.
Etablierte Banken oder Onlinebroker werden dadurch nicht überflüssig. Die Depots der Robo-Advisor-Kunden führen nach wie vor die herkömmlichen Filialbanken oder Internetbanken und die Orderaufträge werden über die bekannten Direktbanken, Börsen und Onlinebroker abgewickelt. Bei der Konzipierung von Fondslösungen wird auf die Expertise traditioneller Kapitalverwaltungsgesellschaften zurückgegriffen. Ohne derartige Dienstleistungen könnten diese Fintechs ihre Webdienste nicht anbieten. Die bisherigen Robo Advisors in Deutschland verfügen mit einer Ausnahme weder über eine Banklizenz noch stehen sie unter Beaufsichtigung durch die BaFin. Sie sind nicht reguliert, führen keine Konten und nehmen nicht direkt das Geld ihrer Nutzer entgegen. Robo Advisors sind der digitale Ansatz, jungen internetaffinen Nutzern den Zugang zu Indexfonds zu ermöglichen, sie frühzeitig zu binden und den Umgang mit Geldanlagen ihrem Lebensrhythmus anzupassen. Positiv zu werten ist der Versuch, komplizierte Fachtermini in eine alltagstaugliche Sprache zu übersetzen und junge Leute überhaupt für Finanzthemen zu sensibilisieren.
Robo Advisors stecken noch in den Kinderschuhen. Die Konzepte müssen sich erst unter Marktbedingungen über einen längeren Zeitraum bewähren. Dennoch sind sie im Vergleich zur Vermögensverwaltung und -beratung eine kostengünstigere Variante für alle Anleger, die sich nicht selbst um die Verwaltung ihrer Investments kümmern möchten. Sie ist für Kleinanleger eine interessante Alternative zur teuren Bankberatung und Finanzvermittlung. Die Bequemlichkeit steht bei diesen Anlageentscheidungen im Vordergrund. Investoren, die Wert auf selbstbestimmte Entscheidungen legen, sollten bei ihrer Eigeninitiative bleiben, dadurch sparen sie nicht nur Beratungsentgelte, sondern auch die Kosten für die Robo-Advisor-Anbieter.
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