Eine Drogerie in einem Einkaufszentrum zeigt, wie sich der Einzelhandelssektor von den bescheidenen Anfängen in den 1970er Jahren zu modernen Wellness-Oasen entwickelt hat. Diese Szene verdeutlicht, wie Drogeriemärkte heute Spitzenmieten zahlen und beste Lagen sichern, während sie ihre Umsatzpotenziale jährlich steigern.
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Dagmar Hotze

Von der Drogerie zur Wellness-Oase

Bei Einzelhandelsvermietern sind Drogeriemärkte höchst willkommen. Zum einen zahlen sie Spitzenmieten, die je nach Lage zwischen 200 und 300 Euro pro Quadratmeter betragen können.

Das Wichtigste im Überblick:

  • Vier Unternehmen teilen sich den Markt
  • Pro Jahr steigert die Branche ihren Umsatz
  • Drogeriemärkte sichern sich beste Lagen
  • Spitzenmieten bis zu fast 300 Euro/m²

Früher, in den Kindertagen der 1970iger Jahren, war das Einkaufen in der Drogerie um die Ecke eine aufregende Sache: Hinter der gläsernen Theke, in der sich allerlei rätselhafte Tuben, Dosen und Fläschchen befanden, stand ein Herr (ab und zu auch eine Dame) in gestärktem weißem Kittel, der immer wusste, was bei Ungemach in Haushalt und Garten zu tun war. Mal gab er Pulver, mal Seife, mal etwas Flüssiges. Auch für gesundheitliche Zipperlein hatte er Abhilfen. Ein faszinierender Ort, dessen Geruch an den einer Apotheke erinnerte. Man ging hin, fragte um Rat, erhielt etwas, wandte es an und im Nu war wieder alles gut. Meistens jedenfalls.

Deutschland hat weltweit die höchste Filialdichte

Wer heute eine Lösung für Flecken, Flicken und Fliegen benötigt, geht in eine der über 4.600 Drogeriemarktfilialen von Rossmann, dm, Müller & Co., die es mittlerweile in Deutschland gibt. Nirgendwo auf der Welt ist die Filialdichte höher als hierzulande. Beinahe wöchentlich eröffnen neue Läden. Besonders expansionsfreudig sind die Platzhirsche dm und Rossmann, die zusammen auf rund 4.000 Filialen kommen. Danach folgt mit weitem Abstand die Handelskette Müller aus Ulm mit cirka 500 Dependancen. Kleinster Anbieter ist das Hamburger Unternehmen Budnikowsky (Budni) der Familie Wöhlke mit knapp 190 Läden vornehmlich im norddeutschen Raum.

Jeder Zweite kauft bei dm ein

Dass Drogeriemärkte von Flensburg bis Oberammergau wie Pilze aus dem Boden schießen, kommt nicht von ungefähr. Die Leute mögen es, dort einzukaufen. Von allen Ketten ist dm die beliebteste, deren Kundschaft sich innerhalb von zehn Jahren von 20 Millionen auf fast 40 Millionen Käufer verdoppelt hat. Jeder Zweite kauft demnach im Drogerie-Imperium von Götz Werner ein. Insgesamt erzielte die Branche in 2017 einen Umsatz von fast 19 Milliarden Euro, Tendenz weiter steigend. Deos, Cremes und Sprays lassen sich die Deutschen etwas kosten: Allein für Körperpflegemittel gaben sie im vergangenen Jahr rund 14 Milliarden Euro aus. Hinzu kommt der boomende Markt für Kosmetika und Beauty-Produkte, dessen Umsatz sich in 2018 auf knapp zwei Milliarden Euro belief.

Von Wein bis Wellness

Eines der Erfolgsrezepte besteht darin, das klassische Drogerie-Sortiment ständig um Produkte aus verwandten Bereichen wie Fitness, Wellness und Lifestyle zu erweitern. Wer sich pflegt, will auch fit sein. Wer fit sein will, treibt Sport. Wer Sport treibt, achtet auf sich und so weiter. Mittlerweile hat fast jede Kette eine Abteilung für biologische, vegane und vegetarische Ernährung sowie Superfood in unterschiedlicher Breite und Tiefe. Darüber hinaus gibt es fast überall Angebote für den kleinen Genuss zwischendurch in Form von Schokolade, Kaffee, Tee und Wein. Nicht zu vergessen die große Vielfalt an Gesundheitsprodukten, die weit über Hustensaft und Wärmepflaster hinausgehen. Mit 25.000 unterschiedlichen Artikeln verfügt Budni nach eigenen Angaben über die größte Produktpalette. Rossmann führt immerhin 21.400 Artikel im Sortiment. Zudem setzen die Drogerie-Riesen im harten Kampf um Marktanteile und Marge auf Eigenmarken. dm beispielsweise schickt fast 20 selbst kreierte Labels gegen die Konkurrenz ins Feld. Rossmann wartet sogar mit 30 Eigenkreationen auf.

Zwischen Top-Adresse und Szenelage

Bemerkenswert ist zudem, in welchen Lagen sich Drogeriemärkte ansiedeln und mit welcher Flächengröße. In der schicken Düsseldorfer "Kö-Galerie" beispielsweise ist dm im Untergeschoss gegenüber von REWE einer der Anziehungspunkte. In Hamburg empfängt Rossmann die Besucher seit 2010 gleich zu Beginn der Spitaler Strasse, einer der beliebtesten Einkaufsmeilen der Hansestadt, auf 720 Quadratmetern. Im Sommer 2019 wird Müller vis-à-vis des Altonaer Bahnhofs in der hochfrequentierten Ottenser Hauptstraße eine Dependance eröffnen. Mit über 2.500 Quadratmetern Bruttomietfläche werden die Bayern der Ankermieter im Geschäftshaus sein. Budni ist in Berlin bis in die Szenelagen vorgedrungen: In Prenzlauer Berg gibt es gleich zwei Filialen, die das alternative Publikum mit Bio-, Gesundheit- und Wellness-Produkten versorgen. Die Zeiten der kleinen Vorortlädchen ist passé.

Es werden Spitzenmieten gezahlt

Bei Einzelhandelsvermietern sind Drogeriemärkte höchst willkommen. Zum einen zahlen sie Spitzenmieten, die je nach Lage zwischen 200 und 300 Euro pro Quadratmeter betragen können. Zum anderen füllen sie die Lücken, die der schrumpfende Markt der Textilhändler hinterlässt. Um fast 27 Prozent ist der Flächenumsatz der Modebranche in den letzten Jahren gesunken. Zu den Gewinnern zählt der Bereich Gastronomie/Food, dessen Flächenpräsenz um 20 Prozent zugelegt hat, sowie der Sektor Gesundheit/Beauty mit einer Steigerung von 15 Prozent.

Ob und inwieweit Onlinehändler wie Zalando und Otto, die ebenfalls ein Auge auf den lukrativen Markt mit Gesundheits- und Pflegeprodukten geworfen haben, eine wirkliche Konkurrenz für die Etablierten sind, wird sich zeigen. Rossmann jedenfalls ist wenig überzeugt vom Shoppen im Internet und hat seine diesbezüglichen Aktivitäten zurückgefahren. Die Deutschen kaufen lieber im Laden - und das ist aus der Sicht der Großdrogisten auch gut so.

Quellen:

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