Zusammenfassung:
- Durch die Auswertung von Daten erhalten Unternehmen wertvolle Erkenntnisse über ihre Kunden und ihre Marktumgebung
- Datenaggregation und -analyse von Big Data kann zur Wertschöpfung in Unternehmen maßgeblich beitragen
- Wie lukrativ das datenbasierte Geschäft ist, zeigen Globale Onlineplattformen, die mithilfe von Algorithmen Muster erkennen, um somit das Kundenverhalten zu prognostizieren
- In der Immobilienbranche befinden sich Big Data- und Smart Data- Lösungen allerdings erst im Aufbau
- Am besten verstehen sich bisher Immobilienvermittlungs-Plattformen auf das Geschäft mit digitalen Daten, sodass sogar ein Bundesverband die Datenhoheit wieder unter eigene Kontrolle bringen möchte
- Für Fintechs ist die Digitalstrategie kein Kraftakt, weil sie ihr Business ohnehin digital denken und somit etablierten Geschäftsmodellen zunehmend Konkurrenz machen
Daten sind das neue Öl, heißt es. Und die Quellen sprudeln bereits jetzt gewaltig. Weltweit werden täglich rund 16 Zettabyte an digitalen Daten produziert. Um sie zu speichern, wären 500 Milliarden iPhones (bei einer standardmäßigen Speicherkapazität von 32 GByte) nötig. Erhoben werden sie durch Transaktionen auf Online-Plattformen, mit Hilfe von Sensoren oder aufgrund geteilter Informationen in sozialen Netzwerken. Durch die Auswertung dieser Daten erhalten Unternehmen wertvolle Erkenntnisse, die ihnen helfen, ihr Marktumfeld und ihre Kunden besser zu verstehen. Außerdem können sie wiederkehrende Muster leichter aufspüren und die Entwicklung von Trends zeitnah ablesen. Darüber hinaus sehen die Verantwortlichen detailliert, wie es um die Leistungsfähigkeit ihres Unternehmens bestellt ist und wo sich Optimierungspotenziale verbergen. Wird die Datenaggregation und -analyse systematisch betrieben, strategisch angewendet und permanent weiterentwickelt, trägt sie maßgeblich zur Wertschöpfung bei. Soweit die Theorie.
Daten-Kompetenzen erst im Aufbau
In der Praxis beginnen Immobilienunternehmen gerade, Kompetenzen für das Sammeln und Analysieren von Big Data und die Umwandlung in Smart Data in ihrer Organisation aufzubauen. Laut der kürzlich erschienen CBRE-Studie "Digitale Transformation und Innovation in der deutschen Immobilienbranche 2017" wenden aktuell 16,9 % der befragten 163 Unternehmen Big Data-Möglichkeiten an. Zudem ist Cloud Computing bei einem Drittel im Einsatz. Software-as-a-Service-Lösungen, die es erlauben, schnell und relativ kostengünstig neue Dienste auszuprobieren, ist bei 40 % der Teilnehmer verbreitet.
Besonders Immobilieninvestoren vermuten, dass sie zukünftig vom Einsatz von Big Data profitieren, hat jüngst die Marktstudie "Process Management Real Estate Monitor 2017" herausgefunden. Denn aufgrund ihres langfristigen Investmenthorizonts haben sie Immobilien über eine längere Zeitspanne im Fokus, weshalb sie sehr an Prognosen kommender Entwicklungen interessiert sind.
Internetgiganten nutzen Algorithmen
Derweil zeigen die Global Player der Plattformökonomie, wie lukrativ das datenbasierte Geschäft ist. Allen voran Amazon, dessen Umsatz 2010 global bei "nur" 34,2 Milliarden Dollar lag, der in den vergangenen 6 Jahren jedoch um das Vierfache auf 136 Milliarden Dollar gestiegen ist. Aus dem einstigen Online-Buchhändler ist ein Allesverkäufer geworden, der mit seiner Agilität etablierten Branchen das Fürchten lehrt. Noch profitabler ist der hierzulande bisher kaum bekannte chinesische Amazon-Konkurrent Alibaba, der mit 231 Millionen Kunden größte Onlinemarktplatz der Welt. Längst hat er die 250 Milliarden Dollar-Erlösmarke geknackt und setzt demnächst zum Sprung nach Europa an. Er bietet ebenfalls ein vernetztes Konglomerat von Waren und Services. Neben diesen Giganten erscheint der Onlinehändler Ebay mit Transaktionen im Wert von schlappen 20,9 Milliarden Dollar wie ein Zwerg. Doch auch hier feilt man ständig an neuen Digitallösungen.
Durch die digitale Vernetzung von Waren und Diensten mit Kundendaten und die aufgrund dessen möglich Analyse von Kaufverhalten und Vorlieben, haben sich die Onlineplattformen zu ökonomischen Kraftprotzen entwickelt, deren globale Marktmacht mittlerweile jede Branche zu spüren bekommt. Das Geheimnis ihres Erfolges: Algorithmen. Denn die wissen eher als die Kunden selbst, was sie demnächst wollen. Und wie gut kennen Immobilieninvestoren das zukünftige Marktgeschehen?
Tschüss Excel-Tabellen!
Dass sich das Datengeschäft auch auf Immobilienmärkte gewinnbringend anwenden lässt, beweist wie kaum ein zweiter Airbnb, der Onlinevermittler von Privatwohnungen. Zwar arbeitet er erst seit kurzem profitabel. Doch Analysten halten das Geschäftsmodell für derart erfolgversprechend, dass sie ihn zu den wertvollsten Tech-Konzernen der Welt zählen und mit 30 Milliarden Dollar einpreisen. Damit ist die 2008 gegründete Onlineplattform höher bewertet, als der seit 90 Jahren bestehende Hotelgigant Marriott. Er bringt "nur" 24 Milliarden Dollar auf die Waage. WeWork ist ein weiterer branchenfremder Newcomer, der das Büroimmobilien-Business mit Hilfe von Data Analytics aufmischen möchte. Statt fixer Fläche und konstanten Mietkosten bietet der amerikanische Co-Working-Space-Anbieter weltweit flexibel buchbare Büros auf Flatrate-Basis. Einfach online ordern, schon ist das Office startklar. Makler? Mietvertrag? Wozu noch! 16 Milliarden Dollar soll das Start-up aktuell wert sein.
Abwarten ist demnach für etablierte Immobilienunternehmen keine Option. Stattdessen heißt es: Fit werden für die digitale Datenwelt! Denn mit herkömmlichen Methoden sind auch die Internetgiganten nicht erfolgreich. Excel-Tabellen taugen wenig, um eingefahrene Strukturen und tradierte Geschäftsmodelle aufzubrechen. Auch Aktenordner, Faxgerät und Karteikarten eignen sich kaum, um als Immobilieninvestor im Informationszeitalter eine gute Performance hinzulegen.
Selbst Daten sammeln, bevor es andere tun
Am besten verstehen sich bisher Immobilienvermittlungs-Plattformen auf das Geschäft mit digitalen Daten. 82 % der Immobiliensuche läuft nach Untersuchungen von TNS Infratest über das Internet. Auch wenn es mittlerweile über 100 professionelle Anbieter in diesem Segment gibt, geschieht die Suche meist über einen der Platzhirsche, allen voran Immobilienscout, gefolgt von den fusionierten Portalen Immonet und Immowelt. In den letzten Jahren ist Ebay als Marktplatz für Immobilienofferten hinzugekommen. Weit mehr als 300.000 Objekte werden über den deutschen Ableger der Plattform sowohl von Privatleuten als auch Maklerhäusern zum Kauf bzw. zur Miete angeboten. Doch ganz gleich über welche Plattform eine Transaktion oder Vermietung zustande kommt, die interessanten Daten, wonach ein Kunde gesucht und was er angeklickt hat, diese spezifischen Informationen besitzt nur die Vermittlungsplattform. Zwar macht der Händler den Immobiliendeal, aber die lukrativen Daten dazu stehen ihm nicht zur Verfügung.
Datenhoheit zurückgewinnen
Diese Alleinherrschaft über Daten und Markt ist den Wohnungsverbänden mittlerweile zu bunt. Unter Federführung des GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen blasen sie deshalb gegen die Platzhirsche zur Attacke. Ein eigenes Vermittlungsportal soll an den Start gebracht werden und damit das gelingt, hat man sich Klaus Saloch an die Seite geholt. Der Internetprofi war Jahre lang Mitglied der Geschäftsführung bei Immonet, bis das Unternehmen 2015 mit Immowelt fusionierte. Es gehe darum, die Hoheit über die eigenen Daten zurückzugewinnen, begründete GdW-Chef Gedaschko unlängst im Interview mit dem Immobilienfachmagazin IVV den Vorstoß. Mit Vonovia SE, dem mit über 350.000 Einheiten drittgrößten Wohnungsanbieter hierzulande, haben die Verbände einen breitschultrigen Unterstützer für ihre Idee. Doch die Schaffung der dazu notwendigen organisatorischen, technischen und finanziellen Ressourcen ist kein Pappenstiel. Zunächst braucht es einen Businessplan, dann ein Betriebskonzept und natürlich eine langfristige Strategie. Außerdem muss das Portal am Markt bekannt gemacht werden. Viel Arbeit für Akteure, die sich bisher kaum mit den Spielregeln der Plattform-Ökonomie auskennen.
FinTechs werden für Etablierte zur Konkurrenz
Ganz anders gehen die jungen Wilden der FinTech-Szene das Immobiliengeschäft an. Sie stellen es gleich auf digitale Füße. Und das so erfolgreich, dass sie den Etablierten zunehmend Konkurrenz machen. Vor wenigen Wochen hat das Institut der deutschen Wirtschaft Köln ein Gutachten zu "Digitalisierung und Immobilienfinanzierung" im Auftrag der TXS GmbH veröffentlicht. Demnach haben sich FinTechs in der gewerblichen Immobilienfinanzierung bereits etabliert. Zwar sei das Gesamtvolumen der so vergebenen Finanzmittel in Deutschland schwer zu schätzen, so die Verfasser. Doch laut Onlineportal "Für Gründer.de" wäre 2015 ein Volumen von immerhin insgesamt 113,9 Millionen Euro vergeben worden, 37,3 Millionen Euro davon mittels Crowdinvesting. Allerdings hielte sich das disruptive Potenzial angesichts von 1.200 Milliarden Euro Wohnimmobilienkrediten damit in Grenzen, transformatorisches sei jedoch allemal vorhanden.
Datenanalysten verzweifelt gesucht
Hinzu kommt, dass FinTechs kontinuierlich an ihren Services und an neuen technologischen Features feilen. Überdies ist die Konzeption einer Digitalstrategie für sie kein Kraftakt, weil sie ihr Business ohnehin digital - und damit zu 100 Prozent kundenorientiert - denken. Ein weiterer Stolperstein für etablierte Unternehmen ist der Mangel an IT-Spezialisten, insbesondere im Bereich Big Data. Laut BITKOM werden hierin aktuell beinahe 12.000 Fachkräfte bundesweit gesucht. Wo fühlen sich die begehrten Köpfe wohl am meisten wohl? In Organisationen mit vielen hierarchischen Strukturen und dafür wenig Digitalkompetenz. Oder in dynamischen Jungunternehmen, die das Finanz- und Immobiliengeschäft verändern wollen? Ihre berufliche Entscheidung wird mit den Ausschlag dafür geben, ob aus Big Data schlaue Daten werden, die dabei helfen, lukrative Immobilieninvestments für Anleger aufzuspüren. Die spannendsten Zeiten kommen für Immobilienanleger also erst noch.